Warum die Inhouse-Agentur im AI-Zeitalter zurück kommt

Ein Inhouse Agentur Team im Corporate Umfeld beim Beraten

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Inhouse-Agenturen galten lange als Sparmodell für schnellen Content. Doch generative KI macht genau das überflüssig – Midjourney erstellt in Sekunden, wofür früher Teams tagelang arbeiteten. Heißt das das Ende der Inhouse-Units? Im Gegenteil: Ihre Rolle wird wichtiger denn je. Nur eben eine völlig andere.

Die Debatte ist nicht neu: Sollten Unternehmen auf klassische Agentur-Partner setzen oder lieber eigene Inhouse-Units aufbauen? Es gibt Argumente für beide Seiten in bestimmten Entscheidungssituationen. Neu ist aber, wie radikal sich die Parameter verschoben haben. Mit generativer AI stehen plötzlich Werkzeuge bereit, die kreative Routinen automatisieren, Content-Produktion beschleunigen und ganze Workflows neu verdrahten. Und damit verändert sich auch die Frage: Wofür braucht es eine Inhouse-Agentur? Und unter welchen Umständen ist sie besser als die Alternative?

Was ist eine Inhouse-Agentur?

Eine Inhouse-Agentur ist eine unternehmensinterne Einheit, die als eigenständige Abteilung Marketing-, Werbe- und Content-Leistungen für das Mutterunternehmen erbringt. Die Mitarbeiter:innen stehen dabei auf der Gehaltsliste des Unternehmens und arbeiten in der Regel ausschließlich für diesen einen Auftraggeber. Anders als externe Agenturen ist die Inhouse-Agentur in die Unternehmenskultur eingebettet und verfügt über direkten Zugang zu internen Informationen, Entscheidungsträgern, Markenwissen – und auch einige technische und rechtliche Zugänge sind deutlich einfacher gelöst.

Der Hauptvorteil liegt in der unmittelbaren Nähe zum Unternehmen ohne externe Gewinnmargen sowie in der Umsetzungsgeschwindigkeit durch den Wegfall externer Schnittstellen. Immer mehr Unternehmen setzen auf dieses Modell, um Kosten zu sparen und gleichzeitig sicherzustellen, dass Marketing- und Werbeaktivitäten unter vollständiger Kontrolle bleiben.

Der Trend ist eindeutig: Laut World Federation of Advertisers und The Observatory International erwägen mehr als ein Fünftel der Marken den Aufbau einer eigenen Agentur, wobei Kostenfragen, Datenmanagement und die Produktion digitaler Assets immer noch als Hürden genannt werden. Doch mit dem Aufkommen generativer künstlicher Intelligenz verschiebt sich die Debatte fundamental.

Von der Produktionsmaschine zur Denkfabrik

Viele Inhouse-Agenturen sind historisch als Cost-Saver für eher repetitive Aufgaben entstanden. Das funktionierte, solange die Hauptaufgabe im schnellen Umsetzen vieler Assets lag. Aber Inhouse Agenturen mussten auch immer mit dem selben Vorurteil arbeiten: Sie galten als die Fleißarbeiter:innen der Branche: Nützlich, aber selten inspirierend. Externe Agenturen waren die Reibeflächen, die Störgeräusche, die man brauchte, um sich lebendig zu fühlen.

Und dann kam generative AI – und drehte das Spielbrett um.

Plötzlich lohnt sich internes Produzieren wieder. Inhouse-Teams mit kluger AI-Infrastruktur können wieder die Mitte aus kreativer Schaffenskraft und skalierbarem Abarbeiten schaffen. Das, was früher Handwerk war, wird zur Systemleistung. Und das ändert für Corporate Teams vieles.

Was früher als Schwäche galt – die Nähe zur Marke, zum Produkt, zur Organisation – kann jetzt wieder zur Stärke werden.  Gerade technische und rechtliche Hürden sind hier gegenüber externen Agenturen gut zu lösen. Wer Marketing als Teil eines Systems versteht, muss Inhousing im AI-Zeitalter wieder ernst nehmen. Genau hier kann die zweite Karriere der Inhouse-Agenturen beginnen.

Aufbau: Wofür sind Inhouse-Teams heute da?

Der Startpunkt ist eine klare Rollenarchitektur. Ein Unternehmen baut keine Inhouse-Agentur, um das externe Ökosystem zu ersetzen. Sondern, um bestimmte Funktionen näher an die Marke zu holen:

Marken-Kontinuität sichern

Niemand kennt Tonalität, CI und Markenkern so genau wie die eigenen Leute. Interne Teams weisen eine deutlich höhere Markenkonsistenz auf als externe Partner. Hier liegt der Vorteil: Nähe zum Inneren der Organisation, zu Stakeholdern und zu den kulturellen Codes der Marke. In Zeiten, in denen KI schnell Content produziert, wird diese kurative Rolle umso wichtiger. Die strategische Markenführung bleibt menschliche Kernaufgabe.

Geschwindigkeit herstellen

Kampagnen brauchen Abstimmungen. Aber Social-Content, Employer-Branding-Posts oder taktische Maßnahmen müssen oft in Echtzeit passieren. Inhouse-Agenturen sind oft effizienter, weil die Wege kurz sind, viele administrative Arbeiten wegfallen und keine anderen Kunden bedient werden müssen. Hier ist eine Inhouse-Unit unschlagbar – wenn sie Prozesse hat, die auf Geschwindigkeit ausgelegt sind.

AI-Kompetenz bündeln

Kaum eine klassische Agentur kann sich leisten, in jedem Team KI-Spezialisten einzubauen. Inhouse kann man aber genau diese Kompetenz gezielt aufbauen: als internen AI-Hub, der Wissen sammelt, trainiert und Standards setzt. Wenn KI-Projekte an Agenturen vergeben werden, muss inhouse die Kompetenz vorhanden sein, die KI-Ergebnisse kritisch zu überprüfen. Ein systematischer AI-Readiness-Check hilft hier, den eigenen Reifegrad zu verstehen.

Vier Kreative in einer Inhouse-Agentur vor dem Abendhimmel von Berlin

Inhouse-Agenturen steuern im AI-Zeitalter

Die größte Herausforderung liegt in der Führung. Viele Inhouse-Agenturen sind politisch zwischen allen Stühlen: Die Geschäftsführung erwartet Effizienz, die Marketingabteilung erwartet Exzellenz, und externe Agenturen sehen sie als Konkurrenten.

Im AI-Zeitalter verschärft sich dieses Spannungsfeld. Denn AI produziert Output, aber nicht unbedingt Haltung, Kontext oder kreative Relevanz. Führung bedeutet hier vor allem, die Balance zwischen Automatisierung und menschlicher Qualitätssicherung zu organisieren. Die richtige Marketinganalyse hilft, Status quo und Herausforderungen zu verstehen.

Prinzip 1: Hybrid denken

Führung heißt nicht: AI gegen Mensch. Sondern: AI als Standard-Tool, Mensch als Interpret und Entscheider. Der Wert liegt im Zusammenspiel, nicht in der Verdrängung. Unternehmen mit Hybrid-Modellen berichten über die höchste Zufriedenheit, gefolgt von reinen Inhouse-Modellen.

Prinzip 2: Qualität über Quantität

AI macht Masse leicht. Aber Marken brauchen Klasse. Führung heißt deshalb, Standards zu definieren, wie AI-Output veredelt, kuratiert und markenkonform wird. Nur wer solide ausgebildet und vertraut mit KI ist, kann das Potenzial einer KI-Lösung effektiv ausschöpfen.

Prinzip 3: Offene Schnittstellen pflegen

Inhouse-Agenturen dürfen nicht zum Elfenbeinturm werden. Sie brauchen bewusst gepflegte Schnittstellen zu externen Partnern, um Perspektiven und Kreativität von außen hereinzuholen – sonst droht Betriebsblindheit. Fast alle Unternehmen mit Inhouse-Agenturen arbeiten weiterhin mit externen Agenturen zusammen.

Die Rolle von Inhousing im AI-Ökosystem

Im Grunde lassen sich drei Rollenmodelle unterscheiden, die Inhouse-Agenturen im AI-Zeitalter übernehmen können:

Der AI-Hub

Inhouse-Agenturen bündeln Tools, Trainings und Prozesse. Sie schaffen Governance und Standards im Umgang mit generativer AI. Prompt-Libraries, Quality-Guidelines, Ethik-Checklisten – all das lässt sich intern verankern. Die Agentur wird zur zentralen Anlaufstelle für KI-Kompetenz im Unternehmen und entwickelt maßgeschneiderte KI-Prototypen für verschiedene Abteilungen. AI-First Prozesse verändern dabei die gesamte Arbeitsweise.

Der Brand-Guardian

Markenführung heißt heute: Echtzeit-Content unter Dauerbeschuss. Wer kontrolliert, wie die Marke in Sekundenschnelle reagiert? Wer prüft, ob AI-generierter Content die Werte widerspiegelt? Hier ist die Inhouse-Unit Kontrollinstanz und Sparringspartner für die Organisation. Sie fungiert als Filter zwischen technologischen Möglichkeiten und Markenintegrität.

Der Ideen-Katalysator

AI ersetzt nicht das Denken, aber sie bietet unfassbare Rohstoffe. Gute Inhouse-Agenturen nutzen diese Masse als Ausgangspunkt, um eigene Kreativität zu provozieren: „Was sieht interessant aus, was nicht?“ – die Maschine liefert Optionen, das Team filtert Bedeutung. Die Fähigkeit zur kurativen Intelligenz wird zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Eine durchdachte Content-Strategie verbindet dabei Produktion mit strategischer Planung.

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Training für die Zukunft

Was viele Unternehmen unterschätzen: AI-Kompetenz fällt nicht vom Himmel. Prompting, kritische Bewertung, juristische Risiken, ethische Standards – das alles muss trainiert werden. Inhouse-Agenturen können hier zu Lernlaboren werden.

Sie sind die Orte, an denen die Belegschaft AI nicht nur nutzt, sondern versteht. Wo Marketing-Leute lernen, wie man Midjourney sinnvoll für Moodboards einsetzt. Wo Produktmanager verstehen, wie man ChatGPT für Marktanalysen nutzt – und wo die Grenzen liegen.

Schulungen helfen, das Vertrauen der Mitarbeiter aufzubauen und sich in neue technologische Anwendungen einzuarbeiten. Das bedeutet auch: Inhouse-Agenturen müssen didaktisch denken. Sie sind nicht nur Produzenten, sondern auch Coaches, die der Organisation den verantwortungsvollen Umgang mit AI beibringen.

Herausforderungen nicht unterschätzen

Bei aller Euphorie: Der Aufbau und Betrieb einer Inhouse-Agentur bringt auch Risiken mit sich. Eine häufige Herausforderung ist die schwierige Steuerung einer optimalen Auslastung, da Inhouse-Agenturen oft entweder zu viel oder zu wenig zu tun haben.

Externe Dienstleister können einfacher gekürzt werden und sparen sofort Kosten ein, während interner Personalabbau schmerzhafter ist und länger dauert. Zudem besteht die Gefahr der Betriebsblindheit: Kreative Werbe- und Kommunikationsköpfe sind oft kaum in einem Unternehmen zu halten, da die Aufgabenstellungen endlich sind und die Arbeit bei einer externen Agentur mit unterschiedlichen Kunden meist interessanter erscheint.

Warum wir sie trotzdem brauchen

Klar, man könnte sagen: Wenn AI so viel automatisiert, wozu noch teure Strukturen? Die Antwort ist simpel: Marken sind keine Maschinen. Sie leben von Kontext, Relevanz, Haltung. Genau das, was AI eben nicht selbst liefern kann.

Die Wahl des richtigen Organisationsmodells beeinflusst den Marketing-ROI um durchschnittlich 37 Prozent. Gerade deshalb können Inhouse-Agenturen im AI-Zeitalter wieder relevanter denn je – nur eben anders: Sie sind keine verlängerten Produktionsarme mehr, sondern kulturelle Nervenzentren der Organisation.

Fazit

Inhouse-Agenturen müssen im AI-Zeitalter neu gedacht werden. Sie sind keine Billig-Content-Fabriken, sondern eine alte Organisationsform, die im AI-Zeitalter eine völlig neue Rolle annehmen kann. Die Vorteile von Gen AI setzen nämlich genau dort an, wo Inhouse-Agenturen immer stark waren: Im Strukturierten. Im Verlässlichen. 

GenAI macht aber gerade dort für menschliche Kreativität neuen Platz, wo man Inhouse-Agenturen Schwäche nachsagte. Tandems aus menschlichen Kreativteams und künstlicher Intelligenz können Inhouse in vielen internen Agenturen einen echten Unterschied machen.

Führen heißt, diese Rollen klar zu definieren, Ressourcen dafür bereitzustellen und die Schnittstellen zum externen Ökosystem bewusst zu pflegen. Die Organisationen, die das schaffen, haben einen massiven Vorteil: Sie können Geschwindigkeit mit Qualität und Automatisierung mit dem Zugriff auf vitale technische Ressourcen verbinden. Für viele Unternehmen kann die Inhouse-Agentur als Organisationsform eine echte Alternative sein.

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Besonders im Bereich AI-Readiness und KI-Integration helfen wir Ihnen, die neuen Anforderungen systematisch in Ihrer Organisation zu verankern. Lassen Sie uns Ihre Herausforderung besprechen: Unverbindlich und zu 100% auf Ihre Situation ausgerichtet.

 

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Tobias Weißenfels

Tobias Weißenfels

Managing Partner

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