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Tech x Brand: Warum die Digital Economy vor einer Marken-Renaissance steht

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Eine Flagge über einer Stadt, die als Symbol für Markenführung stehen soll

Eigentlich sollten Markenführung und Technologie doch mittlerweile Hand in Hand gehen, oder? Der aktuelle Fall bei NIKE zeigt aber wieder, dass das allzu oft immer noch nicht der Fall ist. Markenführung und Technologie sind Konzepte, die sich gegenseitig massiv verstärken oder die sich – alternativ – blockieren können. Mit fatalen Folgen.

Waren wir nicht schon mal weiter in Sachen integriertem Marketing? Oder zeigt der Fall NIKE einmal mehr, dass die Integration von Marke und Technologie immer noch eine echte Herausforderung ist? Mit den heftigen jüngsten Turbulenzen bei NIKE und der nachfolgenden Freistellung von NIKE CEO John Donahoe kommt ein Konflikt wieder auf die Tagesordnung, der ausgestanden schien und es dann scheinbar doch nicht ist. Zwei Welten spielen dabei eine Rolle, die eigentlich verwoben sein sollten: die der Markenführung und die der Technologie.

Wie NIKE Marke durch digitale Prozesse ersetzen wollte

Brand, Produkt und die Absatzkanäle – das war jahrelang NIKEs heilige Dreifaltigkeit in einer Marken-Welt, die das Unternehmen als Branding-Vorreiter selbst definiert hatte und in der die Sportmarke mit seiner globalen Vision der Star war. Im Mittelpunkt: Eine ikonische Marke, innovative Produkte, inszeniert durch millionenschwere Partnerschaften und Brand-Stories, die man noch seinen Kindeskindern erzählen konnte. Geschichten, die gleichermaßen langfristig wirkten („Just do it“, Jordan, 1984) und kurzfristig auch in Sales-Umfeldern aktivierbar waren. 

Über Dekaden baut Nike so an seiner aggressiven aber sehr effektiven Marken-Formel: Investiere einen Teil der Einnahmen in Nachfragegenerierung und Sportmarketing, und nutze die Kraft von Innovation, Storytelling und der Athleten-Produkt-Synergie für den entscheidenden Sprung nach vorne. Das Resultat: Eine Erfolgswelt, die mit dem Swoosh eine der ikonischsten Markengeschichten überhaupt hervorbrachte (Buchtipp: Phil Knights „Shoe Dog“). Eine Brand, die jedes Kind kannte und die global repräsentativ für das Konzept von Marke stand.

Und dann gibt es noch diese andere Geschichte aus einer viel digitaleren Welt. Eine Welt, die vermeintlich moderner schien, weil sie fundamental auf den Wahrheiten der Digital Economy aufgebaut waren und in der Performance, Daten und D2C Prozesse wichtiger als die Marke wurden. NIKE CEO John Donahoe baute den Konzern ab 2020 in seinen vier Jahren an der Spitze mit seinen Erfahrungen bei Ebay und Paypal um –  schön beschrieben in Massimo Giuncos LinkedIn-Analyse. Im Mittelpunkt die Grundannahme, dass das, was NIKE repräsentierte, irgendwie nicht mehr zeitgemäß war. Zu analog, zu old-industry, zu sehr auf bestehende Strukturen fokussiert.

“Long-term results cannot be achieved by piling short-term results on short-term results.“

– Peter Drucker, Economist

NIKE verlagerte seine Strategie von der Neukundengewinnung hin zur Pflege bestehender Kunden, wobei der Großteil der Investitionen in die Kundenbindung floss. Ab 2021 verdoppelte Nike die Ausgaben für programmatische Werbung und Performance-Marketing. Gleichzeitig rückte Brand Design in den Fokus, während kreative Markenkommunikation in den Hintergrund trat. Zentral gesteuerte Inhalte ersetzten lokale Marketinginitiativen. (Groß)-Handelsbeziehungen machten eigenem Absatz Platz. Spezifische Verticals wurden aufgelöst und in generische Kategorien („Männer“, „Frauen“, „Kinder“) überführt.

Das Resultat: der Börsenwert von Nike fiel von Januar bis August 2024 um 24%. Die Aktie ist heute etwas mehr als halb so viel Wert wie 2021.
Nein, Börsenwerte sind nur bedingt gute Indikatoren für gesunde Unternehmen. Und Donahoe kann sicher nicht für jeden Aspekt dieses Desasters etwas – Corona und viel neue Konkurrenz trugen ihren Teil bei. Aber unter seiner Führung hat es eine der stärksten Marken der Welt nicht geschafft, sich gegen die Krise zu stemmen und verlor viele Attribute, die sie zu NIKE machte. Der Fall verdeutlicht wie kaum ein zweiter, was passieren kann, wenn ein Unternehmen langfristige Markenausrichtung zugunsten kurzfristiger Ergebnisse opfert.

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Zeit, aus der digitalen Komfortzone herauszukommen

Tatsächlich ist das NIKE Problem repräsentativ für eine Herausforderung, die viele digital getriebene Marken kennen: Zu viel kurzfristige Denke, zu hohe Abhängigkeit vom nächsten Fix, zu wenig mentale Präsenz im Brand-Speicher der Verbraucher:innen. Gewissermaßen leiden viele Digital- und Tech-Unternehmen an der spiegelverkehrten Herausforderung vieler traditioneller Unternehmen: Sie glauben zu sehr an die Kraft der Technologie, ohne die tiefe Menschlichkeit von Brand Storytelling mitzudenken. Aber Daten, Attribution-Modelle und atomisierte Content-Snippets alleine begeistern Käufer:innen eben nicht. Auch wenn sie besser messbar sind.

Tatsächlich liegt in Sachen Markenführung für viele digitale Unternehmen die Aufgabe wieder im Hinterfragen der eigenen Realitäten, in denen man es sich etwas bequem gemacht hat. Performance Media, D2C und durchdefinierte Sales-Funnels sind für viele Unternehmen effiziente Digital-Marketing Tools, die sich perfekt in die Prozesse des eigenen Unternehmens einpassen. 

Und zweifellos haben all diese Themen ihren Platz und funktionieren. Aber reines Digital-Marketing hat seine Grenzen. Vor allem dann, wenn Unternehmen wachsen (müssen) und sich einem intensiven Wettbewerb ausgesetzt sehen. Die Welt der kurzfristigen, klickbasierten, schnell skalierbaren Erfolge ist eben auch austauschbar und von Konkurrenten replizierbar. „Digital-only“ schafft keine emotionalen Bindungen, keine Loyalität und keine langfristige Differenzierung. Langfristige Skalierbarkeit geht nur über Markenführung – auch in der Tech-Welt.

Marken helfen Tech-Brands skalieren

Als Marketing- und Innovationsberatung haben wir Erfahrungen mit Unternehmen, die aus unterschiedlichen Richtungen starten, um in unbekanntes Territorium vorzudringen: Einerseits mit Unternehmen, die aus der „Old Economy“ kommen und die digitale Welt betreten wollen. Und dann eben auch mit immer mehr Unternehmen, die in der Tech-Welt gestartet sind und die nun ein ihnen unbekanntes Territorium betreten, wo sie vom Startup zur Brand werden müssen.

Dies passiert meist, wenn die Geschichte des nächsten Features längst auserzählt ist – wenn der neue Onboarding-Prozess oder das neue Herzchen unter dem Post auf der Website keinen Unterschied mehr bei der Masse neuer Verwender:innen generiert. Es passiert auch dann, wenn Investor:innen Skalierungsszenarien abklopfen, die auf klassischem Wege nicht mehr erreichbar sind. Und es passiert, wenn man sich in zunehmend generischen digitalen Märkten aufhält, in denen die Apps, Plattformen und Influencer-Rabattcodes der Wettbewerber-Brands zunehmend ununterscheidbar zum eigenen Angebot werden.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass viele Tech-Unternehmen heute durch die Phase gehen, die die Old Economy schon Jahrzehnte hinter sich hat: das Produkt ist gebaut, die Prozesse sind etabliert, der Wettbewerb drückt. Und plötzlich stellt man fest, dass es zum Skalieren noch eine Zutat braucht, die fürs eigene Unternehmen neu ist: Eine Geschichte, die Bedeutung hat, differenziert und langfristig bindet. Wer wachsen will, kommt früher oder später am Aufbau einer menschlichen Marke nicht vorbei. Gerade in der Digital Economy.

Die Digital Economy muss Markenführung lernen

Bei superspring haben wir Erfahrungen mit Unternehmen, die aus unterschiedlichen Richtungen starten, um in unbekanntes Territorium vorzudringen: Einerseits mit Unternehmen, die aus der „Old Economy“ kommen und die digitale Welt betreten wollen. Und dann eben auch mit immer mehr Unternehmen, die in der Tech-Welt gestartet sind und die nun ein ihnen unbekanntes Territorium betreten, wo sie vom Startup zur Brand werden müssen und diese bis zur Ebene der Content-Strategie für Zielgruppen konsistent durchdenken müssen.

Dies passiert meist, wenn die Geschichte des nächsten Features längst auserzählt ist – wenn der neue Onboarding-Prozess oder das neue Herzchen unter dem Post auf der Website keinen Unterschied mehr bei der Masse neuer Verwender:innen generiert. Es passiert auch dann, wenn Investor:innen Skalierungsszenarien abklopfen, die auf klassischem Wege nicht mehr erreichbar sind. Und es passiert, wenn man sich in zunehmend generischen digitalen Märkten aufhält, in denen die Apps, Plattformen und Influencer-Rabattcodes der Wettbewerber-Brands zunehmend ununterscheidbar zum eigenen Angebot werden.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass viele Tech-Unternehmen heute durch die Phase gehen, die die Old Economy schon Jahrzehnte hinter sich hat: das Produkt ist gebaut, die Prozesse sind etabliert, der Wettbewerb drückt. Und plötzlich stellt man fest, dass es zum Skalieren noch eine Zutat braucht, die fürs eigene Unternehmen neu ist: Eine Geschichte, die Bedeutung hat, differenziert und langfristig bindet. Wer wachsen will, kommt früher oder später am Aufbau einer menschlichen Marke nicht vorbei. Gerade in der Digital Economy.

Wie Markenführung bei Tech-Companies gelingt

Wir selbst haben dutzende digital ausgerichtete Unternehmen betreut, die den Aufbruch in das Abenteuer Marke wagten. Gleich ob es sich dabei um Startups oder etabliertere Tech-getrieben Unternehmen handelte: Bei superspring lieben wir den Pragmatismus dieser Organisationen. Denn eines macht digitale Unternehmen tatsächlich aus: Sie sind auf Speed getrimmt. Workshops und Entscheidungen gehen meist schnell und sehr ergebnisorientiert voran. Ergebnisse, die woanders Monate an Stakeholder Management zur Folge haben, werden hier meist in Tagen oder Wochen umgesetzt. Das ist toll.

Aber die Welt digitaler Organisationen ist eben auch erwachsen geworden. Ebenso wie in der „Old Economy“ gibt es hier Best Practices, gewachsene Strukturen und Prozesse, die man „immer schon so gemacht hat“. Hohe digitale Affinität bedeutet in Organisationen nicht immer, dass man auch wirklich flexibler arbeiten und sich aus den bestehenden Prozessen einfach befreien kann. In der Konsequenz bedeutet Arbeit an der Marke und an der übergeordneten Kommunikationsstrategie für viele Tech-Brands eine Lernkurve. Markenarbeit wirkt langfristig und muss in schnellen Test & Learn Umgebungen erst geübt und in bestehende Prozesse integriert werden.

Und genau darum geht es. Markenbildung sollte nicht durch eine digitale vs analoge Brille betrachtet werden. Über die Zeiten sind wir zum Glück längst hinweg. Vielmehr geht es um das Koppeln kurzfristiger (oft Digital-getriebener) und langfristiger (oft Brand-getriebener) Marketing-Effekte. Erfolgreiche Marken schaffen beides und bewerten auch Erfolge taktisch und strategisch unabhängig voneinander. „Marken sind am erfolgreichsten, wenn sie langfristigen Markenaufbau und kurzfristige Verkaufsförderung kombinieren“, schrieben Les Binet und Peter Field vor nunmehr über 10 Jahren in „The Long and the Short of it“. Und an diese Wahrheit glauben auch wir bei superspring.

Zum Weiterlesen:

Marken führen in Echtzeit: Wie Interaktionsdaten die Markenführung reicher machen“ ist der Titel des superspring-Beitrags zu Prof. Andreas Baetzgens Marketing-Standardwerk „Brand Planning. Neue Strategien für Marken und Kampagnen. Viele tolle Kolleg:innen haben neben uns an diesem Buch mitgearbeitet, das wir uneingeschränkt empfehlen wollen. Mehr dazu hier >

Inhalt

Gerald Hensel

Managing Partner

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